Medallionfrau
2006
50 x 90 cm
Variation 1/5



Der verdichtete Moment in der Arbeit von Susanne von Bülow.
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Gedanken beim Blicken in ein ausgetrunkenes Milchglas; die Empfindung beim Ausziehen der Schuhe nach einem langen Spaziergang; oder der konzentrierte Vorgang des langsamen Aufsaugens einer Nudel in die Mundhöhle; die Hingabe beim Lackieren eines Fußnagels.

Hier (und zwar genau dort) sucht Susanne von Bülow nach Momenten der Versenkung und der Selbstvergewisserung: trivial, privat und kostbar gleichermaßen.
Ihre Figuren sind mit sich beschäftigt – die Welt, die Umgebung kurz: der formale Hintergrund entfällt, ist weiß oder wird bloß angedeutet.

Die Darstellung des dergestalt verdichteten Momentes zeigt Menschen in ihrer Selbstbezüglichkeit als unnahbar und fern.
Susanne von Bülow schafft so eine eigene Topographie des Alltags. Ihre Topoi sind ebenso tiefgründig wie banal: Das Kind auf dem Klo, Frau mit Handy, Die Nagellackiererinnen, Frau mit Hüpfpferd, Der Kopfstand. Die malerische Modulation des Druckstockes verleiht Susanne von Bülows Kartonradierungen eine ungewöhnliche Plastizität. Form und Farbe prägen sich tief ein und versinken in der Hintergrundstruktur des Papiers wie Fresken im Mauerkalk alter Kirchen.

So werden aus flüchtigen, privaten Handlungen konzentrierte und bisweilen kontemplative Momente, denen eine überzeitliche Aura zu Eigen ist.

Ruppe Koselleck